Bei meinem Mann wurde vor kurzem eine Bipolar-I Erkrankung diagnostiziert. Wir sind alle froh, dass wir jetzt endlich eine Diagnose vorliegt. Denn er hat jahrelang unter Phasen gelitten in denen ich ihn fast nicht wiedererkannt habe. Jetzt wissen wir, dass es die abwechselnden Schübe von Manie und Depression sind mit denen er zu kämpfen hat. Vor der Diagnose war es für mich und unsere Kinder einfach nur besorgniserregend. Wir wussten ja lange nicht, was los ist. Zuerst dachten wir, dass es sich einfach um massive Stimmungsschwankungen handelt – aber mit der Zeit wurde es immer schlimmer.
Die Phase der Manie hat sich bei ihm so gezeigt, dass er fast nur mehr in der Arbeit war. Er hatte einen riesigen Drang voranzukommen, auf eine Beförderung hinzuarbeiten und hat dabei seine KollegInnen links liegen gelassen. Zu Hause war er dann mürrisch und gereizt und wollte nichts mehr mit den Kindern unternehmen.
Das ging so einige Wochen lang, bis er dann in die depressive Phase gerutscht ist. Er konnte sich in der Arbeit kaum noch konzentrieren, hatte keine Lust auf Ausflüge oder Treffen mit Freunden. Thomas fühlte sich sehr niedergeschlagen, da er sich nicht im Stande sah, die ganze harte Arbeit der letzten Wochen weiter zu führen. Er hatte auch ein schlechtes Gewissen mir und den Kindern gegenüber, konnte sich aber nicht aufraffen mehr mit uns zu unternehmen.
Seine Krankheit hat uns als Familie sehr belastet, da er seine Vaterrolle in den Beschwerdephasen kaum wahrnehmen konnte. Meine Kinder waren oft verunsichert, wie sie auf ihren Vater zugehen können und wie er reagieren würde. Das hat sie sehr belastet.
Seit der Behandlung sind die Phasen zwar nicht verschwunden. Aber durch die Therapie und die medikamentöse Unterstützung sind die manischen und depressiven Phasen abgeschwächt und er kann selbst besser damit umgehen. Auch wir, seine Freunde und Kollegen können jetzt anders reagieren und auf ihn eingehen, weil wir jetzt über die Erkrankung Bescheid wissen.
Diese Erzählung veranschaulicht das Zusammenleben mit einem Menschen, der unter einer bipolaren Erkrankung leidet. Für Angehörige ist es oft genauso schwierig, mit den wechselnden Phasen umzugehen, wie für den Erkrankten selbst – vor allem, wenn nicht klar ist, dass die Person an einer psychischen Erkrankung leidet.